Klar verstehe ich den Wunsch - vor allem wenn man als Arzt als Experte gilt - Antworten auf quälende Fragen zu geben. Deshalb passiert es mir tatsächlich in fast 50 Prozent der Artz-/Behandlerbesuche, dass plötzlich die Wünschelrute, der Biotensor oder eben der Armlängen- oder Muskeltest "rausgeholt" wird, um daraus eine Diagnose zu stellen. Gerne werden auch irgendwelche Geräte genutzt, deren Verwendung dann natürlich auch auf der Rechnung auftaucht. Also durchaus ein Gewinn für die Praxis, denn kaum jemand dürfte über 10-20 € für so eine Methode meckern.
Ich persönlich halte diese Methoden nach eigener Erfahrung für absolut bedenklich und ich akzeptiere sie eigentlich immer nur deshalb, weil ein Ablehnen in vielen Fällen die komplette Zusammenarbeit mit dem Behandler vernichten würde.
Meist ist Kinesiologie ein gutes Verkaufsargument und viele Patienten klammern sich an die Diagnose, wenn der Experte beispielsweise eindeutig feststellt, dass "die Borrelien weniger geworden sind".
Warum ich selbst nicht mehr an einfache kinesiologische Diagnosestellungen glaube? Ganz einfach! Aufgrund der Schwere meiner eigenen Erkrankung bin ich ständig mit diversen Leuten in Kontakt und kann deren Ergebnisse direkt vergleichen. Wenn mir dann in einer Woche von zwei verschiedenen Leuten mit "hundertprozentiger Sicherheit" bestätigt wird, dass ich a) keine Borrelien habe und b) Borreliose habe - was soll ich dann glauben??? Natürlich sind beide Behandler ausgewiesene Kinesiologen (oder Rutengänger, Pendler etc.) und liegen "bisher immer richtig".
Auf diese Weise wurden bei mir schon diverse Erkrankungen festgestellt und wieder nicht festgestellt, Störfelder erkannt und von anderen dann wieder nicht erkannt und mittels Muskeltests festgestellt, ob eine Behandlung wirksam sei (wobei ich der Meinung war, dass meine eigene situative Überzeugung den stärksten Einfluss auf Muskeltests hatte) oder eben nicht. Das Ganze kommt übrigens auch gerne zum Einsatz wenn Erdstrahlen, Elektrosmog oder neuerdings radioaktive Belastungen oder Exahertz-Strahlung ermittelt wird. - In fast allen Fällen bleibt ein negativer Beigeschmack und nicht selten das Gefühl, dass der andere nur nach Argumenten ringt, um den Verkauf der eigenen Leistung zu rechtfertigen. Um so schlimmer, wenn auch gestandene Ärzte immer mehr zu diesen Methoden greifen, anstatt sich erst einmal in professioneller Methodik und analytischer Vorgehensweise auszubilden.
Nach all den eher negativen Erfahrung, kann ich aber auch sagen, dass einem als Betroffenem oft kaum Möglichkeiten bleiben selbst in Erfahrung zu bringen, was im Moment richtig für einen ist. Dann kann eigenes Testing durchaus gute Ergebnisse bringen, aber dann macht man es eben selbst und verlässt sich auf die eigene Intuition, anstatt die Verantwortung an Fremde zu übergeben.
Berücksichtigt man, dass sich Erreger oft dynamisch "abwechseln" und z.B. Borrelien und Babesien sich in Biofilmen gegenseitig abschirmen (und auch noch unter Einbezug von Schwermetallen), dann könnte dies auch erklären, warum jeder Kinesiologe andere Ergebnisse misst. Es ist einfach immer wieder etwas anderes im Vordergrund und zeigt sich aktuell als vorrangig. Dann hat man heute Borrelien, morgen Chlamydien und übermorgen Quecksilbervergiftung. Dann ist aber kaum eine Therapieempfehlung auf längere Sicht möglich und dann sollte man erwarten, dass der Behandler über diese Effekte Bescheid weiß.
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